Aber Sie sind doch Psychologin!?

Diesen Ausruf, verbunden mit einer gewissen Ratlosigkeit, höre ich häufiger.

Bei Ihrer Suche nach einer passenden Hilfe sind Sie sicher schon auf verschiedene Berufsbezeichnungen gestoßen: 

  • Psycholog*in 
  • Psychologische*r Psychotherapeut*in
  • Psychiater*in
  • Ärztliche*r Psychotherapeut*in
  • Heilpraktiker*in für Psychotherapie
  • Coach 

Das kann ganz schön verwirren und bevor ich selbst Psychologin wurde, war mir der Unterschied überhaupt nicht klar. Auf der Suche nach Unterstützung ist es total hilfreich sich ein wenig auszukennen.

Deshalb hier ein paar Erklärungen:

 

Psycholog*in: 

Ist eine Person, die Psychologie studiert und einen Abschluss - früher Diplom - jetzt Bachelor (B. Sc.) oder Master (M. Sc.) erworben hat. Dieser Abschluss berechtigt die Person für eine therapeutische Ausbildung- dazu gleich mehr. Sie darf jedoch in der Regel keine Heilbehandlung, also Psychotherapie, anbieten, sondern nur Beratung und Coaching. Warum " in der Regel"? Als angestellte*r Psycholog*in ist das unter bestimmten Bedingungen möglich - aber das ist für Sie und Ihre Suche nicht relevant :-) 

 

Psychologische*r Psychotherapeut*in:

Eine Person, die erfolgreich Psychologie studiert hat und danach eine ziemlich aufwändige (ca. 5 Jahre) Psychotherapie-Ausbildung absolviert hat. Am Ende der Ausbildung steht eine Approbations-Prüfung. Danach kann die Person einen Kassensitz erwerben. Nur dann kann, wie beim Arztbesuch, der Termin mit der Krankenversicherungskarte abgerechnet werden.

 

Es gibt inzwischen 3 Verfahren, die von privaten und gesetzlichen Krankenkassen anerkannt sind: Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundiert Psychotherapie / Psychoanalyse und systemische Therapie. Die letztere Therapieform wurde erst vor einiger Zeit anerkannt, weshalb es für reine systemische Therapie noch keine Kassensitze gibt. Manche Verhaltenstherapeut*innen oder Tiefenpsycholog*innen haben aber eine Zusatzausbildung in systemischer Therapie. 

Psychologische Psychotherapeut*innen dürfen keine Medikamente verschreiben. Sie müssen aber eine Diagnose stellen, wenn ein Antrag auf eine Psychotherapie gestellt wird. Dieser Antrag wird vom Medizinischen Dienst der Krankenkasse geprüft.

Die ersten 5 Termine können ohne Antrag abgerechnet werden. Das sind die sogenannten probatorischen Sitzungen. Sie dienen der psychologischen Psychotherapeutin zur Diagnosestellung und Ihnen -  um wahrzunehmen, ob Sie sich wohl fühlen und dieser Person wirklich vertrauen können. Denn Themen, die hier zur Sprache kommen, können schambesetzt oder sehr belasten sein. Deshalb ist es wichtig, dass Sie sich in guten Händen wissen, sich richtig wohl fühlen. Dann schaltet Ihr "Nervensystem auf grün" und das macht einen Therapieerfolg erst möglich. 

 

Psychiater*in: 

Diese Personen haben Medizin studiert und haben dann den Facharzt in Psychiatrie und Psychotherapie gemacht. Also wie wie z. B. ein Orthopäde, eine Augenärztin etc.  Psychiater*innen dürfen Medikamente verschreiben (Neuroleptika, Antidepressiva) und Menschen in die Psychiatrie einweisen. 

 

Ärztliche Psychotherapeut*innen:

Sind Ärzte mit dem Fachgebiet Psychosomatik oder auch ganz andere Fachgebiete, z. B. Hausärzte. Viele von ihnen entscheiden sich dann später für die psychotherapeutische Ausbildung in einem der oben erwähnten Verfahren. Weil sie Ärzte sind, ist für sie die Ausbildung kürzer.

 

Heilpraktiker*innen für Psychotherapie:

Diese Ausbildung kann unabhängig eines vorherigen Berufs erworben werden. Am Ende der Ausbildung muss die Person eine schriftliche Prüfung beim Gesundheitsamt ablegen und danach eine mündliche vor einem Komitee, das aus Psychiatern, Psychologen und Juristen besteht. 

Ein großer Teil der Heilpraktiker*innen für Psychotherapie bilden sich dann zwar in wissenschaftlich anerkannten therapeutischen Verfahren, wie z. B. systemische Therapie, Hypnotherapie, EMDR, klientenorientierte Gesprächs-psychotherapie u. v. m. weiter, trotzdem werden die Kosten von den Kassen nicht übernommen. Dabei werden diese Verfahren auch sehr gern von psychologischen Psychotherapeut*innen eingesetzt. 

Manche privaten Krankenkasse übernehmen bei einer Zusatzversicherung einen Teil der Therapiekosten. Wenn Sie sicher gehen möchten, sollten Sie das aber unbedingt vorab abklären.  

 

Coach:

Coach ist kein geschützter Begriff. Jede Person kann sich als Coach bezeichnen. Seriöse Coaches haben eine ausführliche Coaching-Ausbildung an einem zertifizierten Institut absolviert. Viele Coaches machen dann auch noch eine Ausbildung als Heilpraktiker für Psychotherapie, da sie als Coach keine Heilbehandlung machen dürfen. Die Grenze zwischen Beratung und Psychotherapie lässt sich je nach Anliegen nämlich nicht immer gut trennen.  

 

Fazit:

Wenn Sie eine Psychotherapie benötigen und sicher gehen möchten, dass die Kosten von Ihrer Krankenkasse übernommen werden, sollten Sie nach ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeut*innen mit einer Kassenzulassung schauen. Inzwischen bekommt man sehr schnell einen Termin für ein Erstgespräch in der Sprechstunde, die psychologische Psychotherapeuten vorhalten müssen. Die Wartezeit bis die eigentliche Behandlung dann startet, beträgt aktuell im Durchschnitt 103 Tage. (Quelle: Psychotherapie: Längere Wartezeiten auf Therapieplatz seit... (aerzteblatt.de )

 

Wann und warum es Sinn machen kann, Termine selbst zu bezahlen, können Sie in meinem Blog-Beitrag " Warum selbst zahlen?" lesen. 

 

Ich hoffe, Sie finden sich im Psychotherapie-Dschungel nun besser zurecht. 

 

Bis vielleicht bald,

Ihre Gaby Kittel